Mittwoch, 29. September 2010

Tag 12, Ulaan Baatar

Ziemlich verkatert komme ich in Ulaan Baatar an, verabschiede mich von den Anderen und werde von Djerra, einem deutschsprechenden Mongolen abgeholt. Wir fahren durch die noch menschenleere Stadt, besuchen ein buddhistisches Kloster, Djerra ist sehr erfreut darüber, dass ich rauche. Er sagt, viele seiner Gäste aus Euroopa seien einer Art Gesundheitswahn erlegen, am wenigsten verstehen kann er Vegetarier, für einen Mongolen ist es undenkbar, kein Fleisch zu essen. Es seien auch immer die Vegetarier, die auf seinen Touren krank würden oder mit dem lokalen Essen nicht klar kämen. Innerhalb des Tempels hat es eine vielleicht zwanzig Meter hohe Buddhastatue, komplett mit Gold und Edelsteinen überzogen, die man leider nicht fotografieren darf. An den Wänden des Tempels hat es überall kleine Fächer, in welche die Menschen Geld hinein tun, um Glück oder Erfolg zu bekommen. Mir erschien dieser pragmatische, asiatische Umgang mit Religion, dass man die Gottheit sozusagen bestechen kann, schon immer ehrlicher als die christlichen Heucheleien der Nächstenliebe. Jedes höhere Wesen spricht auf Geld oder Belohnung an, wieso sollte es bei Gott anders sein?

Als wir durch das Nationalmuseum gehen, erzählt er von Dschingis Kahn, der ähnlich wie Napoleon in Europa überhaupt erst den Grundstein legte für die Nationalstaaten wie China, Russland und eben die Mongolei und nur mit Pferden und Pfeilbögen beinahe die ganze bekannte Welt eroberte. Er glaubte an den blauen Himmel, glaubte geschickt worden zu sein, um die Welt unter einem Himmel zu vereinen, der erfolgreichste Globalisierer der Geschichte. Überall in der Mongolei finden sich Hirschsteine. Hirsche sind die Boten zwischen diesen und der nächsten Welt und trugen eben auch den Grosskahn nach seinem Tod in den Himmel. Sein Grab hat man nie gefunden, tausende Arbeiter sollen daran gearbeitet haben, Schätze der ganzen Welt sollen darin liegen. Die Grabarbeiter wurden alle getötet, um das Geheimnis des Aufenthaltsortes des Kahngrabes zu wahren und es so von Grabräubern zu schützen. Würde man sein Grab finden, wäre dies wohl der grösste, historische Fund in der Geschichte. So streifen wir durch die mongolische Geschichte. Ein weiterer Grund für den Erfolg des Kahn war übrigens die Tatsache, dass er, ähnlich wie Mohammed, andere Kulturen oder Religionen unangetastet weiter leben liess, sie mussten ihm nur Tribut zollen, in der Hauptstadt Karakorum gab es sogar Moscheen. Die Stadt ist voller Menschen, etwa eine Million der knapp drei Millionen Mongolen leben hier und das merkt man auch am Verkehr. Autofahrer nehmen die Fussgänger hier als Hindernis war und niemand käme auf die Idee abzubremsen, nur weil jemand vor seinem Auto auftaucht, Als wir nach dem Museum in eine Kneipe gehen, um zu essen, werde ich beinahe überfahren.
Das Hotelzimmer ist ein Palast, insbesondere nach dem Zimmer in Listwijanka, bei dessen Badezimmer es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis es sich als weltweit führendes Institut zur Züchtung von Schimmelpilzen durchsetzt. Ulaan Baator ist eingerahmt von Bergen und Jurtensiedlungen, die Wohnungen in der Innenstadt sind teuer, eine Jurte ausserhalb dagegen billig, dort wohnen fast keine Nomaden, sondern Geschäftsmänner, Lehrer, normale Bürger. Auch Djerra und Genna wohnen ausserhalb der Stadt.

So locker, man könnte auch sagen inexistent die Verkehrsgesetze, so streng die anderen Gesetze, Marihuanakonsum gibt zehn Jahre Gefängnis, auch die gesellschaftlichen Regeln sind streng, man erwartet von den Männern, dass sie früh heiraten und möglichst viele Kinder zeugen, Djerra hat sieben Geschwister und liegt damit im Durchschnitt, was auch die wirklich auffällig vielen Kinder und jungen Menschen auf der Strasse erklärt. Ich bin hier ein alter Mann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen